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Theresa Mays fragwürdiges Brexit-Geschenk an Europa

Es ist alles detailliert durchgeplant. Gegen 10.45 Uhr am Montag werden die britischen Unterhändler mit Brexit-Minister David Davis an der Spitze das Berlaymont-Gebäude betreten, die Herzkammer der EU mitten im Brüsseler Europaviertel. Eine kurze Begrüßung mit dem Unterhändler der Europäer, dem Franzosen Michel Barnier. Punkt elf Uhr wird dann die erste Runde der Gespräche über einen Austritt Großbritanniens aus der EU beginnen.

Bereits um 12.30 Uhr servieren livrierte Ober im 13. Stockwerk ein Mittagessen. Nach dem Kaffee wird bis mindestens 18.30 Uhr weiter verhandelt – auf Englisch und Französisch. Alle Beteiligten stehen unter Druck: Der Zeitplan ist eng, spätestens im November 2018 muss alles unter Dach und Fach sein. Anschließend werden die EU-Mitgliedstaaten und das britische Parlament bis März 2019 über das Ergebnis abstimmen. So wollen es die Vorschriften nach Artikel 50.

Aber wird die Zeit reichen? Schon jetzt wird in Brüssel über eine Verlängerung der Verhandlungen spekuliert. In diesem Fall müssten aber alle Regierungen der Mitgliedsländer zustimmen. Das dürfte schwierig werden. Schließlich geht es um mehr als 20.000 Gesetze, viele davon stecken voller Sprengstoff. Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit.

Nach dem aus Sicht der konservativen Regierung desaströsen Ergebnis der Parlamentswahl am 8. Juni war zunächst unklar, ob die Gespräche überhaupt wie geplant an diesem Montag beginnen können. Aber die britische Premierministerin Theresa May will ein Signal der Beruhigung aussenden, alles soll nach Plan verlaufen. Andererseits: Wie verbindlich kann May in dieser Woche eigentlich verhandeln, solange die neue Regierung mit der nordirischen DUP nicht steht?

„Theresa May – go away!“

Mays geplante Koalition mit der Democratic Unionist Party sorgt für Proteste. Die DUP gilt als eine der konservativsten Parteien Europas – lehnt unter anderem Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe ab.

Quelle: N24/ Daniela Will

In der ersten Gesprächsrunde am Montagmorgen soll es vor allem um Organisationsfragen gehen. Die EU schlägt folgenden „Verhandlungszyklus“ vor: In den ersten zwei Wochen eines Monats arbeiten beide Seiten an ihren jeweiligen Verhandlungspositionen. In der dritten Woche wird verhandelt, in der vierten werden die Ergebnisse in den Hauptstädten analysiert.

Der erste Knackpunkt der Verhandlungen

Es wird erwartet, dass London diesem Verfahren zustimmt. Minister Davis will zum Auftakt der Gespräche aber auch Geschenke für die Europäer mitbringen. „Wir beabsichtigen eine großzügige Einigung“, hatte Londons Chefunterhändler bereits in der Vergangenheit gesagt. Dieses Versprechen wurde von Davis’ Umfeld kurz vor dem ersten offiziellen Brexit-Treffen am Montag in Brüssel wiederholt.

Offenbar will London den 3,5 Millionen im Land lebenden EU-Bürgern garantieren, dass sie auch in Zukunft dieselben Rechte genießen wie bisher – ohne um Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis, um ihre Rente oder Krankenversicherung fürchten zu müssen. Das ist der erste große Knackpunkt der Verhandlungen. Barnier konnte vergangene Woche einen gewissen Zynismus nicht verbergen, als er fragte, was großzügig daran sei, Bürgern ihre bereits bestehenden Rechte zuzusichern.

Fraglich an diesem „großzügigen Angebot“ ist aus europäischer Sicht zudem, welche juristische Instanz diese Rechte überwacht. Im Anhang der Leitlinien des Europäischen Rats für die Brexit-Verhandlungen wird dies eindeutig beantwortet: „Die Jurisdiktion des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) soll erhalten bleiben“, heißt es in Punkt 42, auch „in Hinsicht auf die Rechte der Bürger“. Auch das EU-Parlament hatte den Schutz der in Großbritannien lebenden EU-Bürger durch EU-Rechtsvorgaben in einer Resolution Anfang April festgesetzt.

Zwei Züge rollen aufeinander zu. Denn die künftige Rolle von EU-Richtern und europäischen Gesetzen ist genau jene rote Linie, auf der Theresa May von jeher beharrt. „Wir werden die Kontrolle über unsere Gesetze zurückbekommen und die Jurisdiktion des EuGH beenden“, lautet Mays Schwur. Brüssel betont dagegen immer wieder, dass für europäische Gesetze nur der EuGH die entscheidende Instanz sein könne.

Das sind die Folgen für Brexit und Wirtschaft

Die britische Premierministerin Theresa May hat eine Niederlage eingefahren – will aber im Amt bleiben. Jörg, Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank, glaubt, dass die neue Regierung nun kompromissbereiter sein muss.

Quelle: N24

Gleichzeitig hält man sich mit Drohungen an die britische Seite zurück. „Wir wollen nicht aggressiv auftreten, sondern die Aufgaben möglichst schnell bewältigen“, sagt ein Diplomat in Brüssel. Und der Brexit-Koordinator des EU-Parlaments, Guy Verhofstadt, sagte der WELT AM SONNTAG: „Es ist gut, dass die britische Regierung sich offensichtlich Gedanken über die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien macht.“ Oberste Priorität bei den Austrittsverhandlungen sei, „dass auch nach dem Austritt der Briten diese Rechte gewahrt bleiben“, betonte der Fraktionschef der Liberalen. Die Verhandlungen stehen unter einem ungünstigen Stern. Niemand weiß, wie handlungsfähig die britische Regierung noch ist. Das macht EU-Diplomaten immer mehr Sorgen. Nach wie vor ist nicht erkennbar, mit welchem Ziel die Briten in die Verhandlungen gehen. Bis zur Wahl hatte May einen „harten Brexit“ angeordnet, der einen radikalen Schnitt durch den Ausstieg aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion bedeutet.

Damit wollte die Ex-Innenministerin sicherstellen, dass die Briten volle Kontrolle über die Einwanderung bekommen. Das war ja das erste Ziel der Brexit-Entscheidung. Würden sie aber im Binnenmarkt bleiben, müssten sie auch das Prinzip der EU-Personenfreizügigkeit akzeptieren. „Wir werden sicherstellen“, sagte May kürzlich, „dass wir die Einwanderung von Europa nach Großbritannien kontrollieren können.“ Gegen Mays Fokussierung auf die Einwanderungsfrage baut sich aber auch in den eigenen Reihen zunehmend Widerstand auf.

Finanzplatz London fürchtet um Clearinggeschäft

Mit dem Brexit könnte der Finanzplatz London ein milliardenschweres Geschäft verlieren. Das sogenannte Clearing, der Handel mit Euro-Wertpapieren. Die Deals belaufen sich täglich auf rund 900 Milliarden Euro.

Quelle: N24/Laura Fritsch

Schatzkanzler Philip Hammond sieht im Austritt aus dem Binnenmarkt ein unkalkulierbares Risiko für die britische Wirtschaft, die ohnehin seit einigen Wochen die Folgen des Brexit deutlich zu spüren bekommt. Der Umsatz im Einzelhandel ging im Mai um 1,2 Prozent zurück, während die Inflation auf 2,9 Prozent kletterte.

Unklar ist, ob und wie die Premierministerin eine Koalition mit der probritischen DUP in Nordirland zimmern kann, die ihr eine – allerdings äußerst fragile – Mehrheit im Unterhaus liefern würde. Offen ist auch, wie kompromissbereit die Nordiren beim EU-Austritt sein werden. DUP-Chefin Arlene Foster steht zwar klar hinter dem Brexit, sie will aber eine harte Grenze mit der Republik Irland vermeiden und spricht sich deshalb gegen die Aufgabe der Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt aus.

https://www.welt.de/politik/ausland/article165671482/Theresa-Mays-fragwuerdiges-Brexit-Geschenk-an-Europa.html

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