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Teherans Sittenwächter in Rom Nackt und frei

Italienische Beamte verhüllen klassische Schönheiten, um dem iranischen Präsidenten zu gefallen. Die Medien wittern Verrat an der eigenen Kultur.

Teherans Sittenwächter in Rom Nackt und frei

In den Kapitolinischen Museen müssen nackte Statuen (links) aus antiken Zeiten in sargähnlichen Kisten verschwinden. (Bild: Guiseppe Lami / EPA)

Früher hätten die legendären Gänse auf dem Kapitol in Rom laut geschnattert, sie hätten vor den Eindringlingen gewarnt, diese wären vertrieben worden. Doch heute schnattern nur noch die Journalisten, ebenfalls laut, aber zu spät – das Kapitol ist schon erobert. Sittenwächter aus Teheran haben es durchgesetzt, dass in den Kapitolinischen Museen nackte Statuen aus antiken Zeiten in sargähnlichen Kisten verschwinden mussten. Sie sollten nicht das Auge des iranischen Präsidenten Rohani beleidigen oder erfreuen, der hier einen kurzen Besuch abstattete und eine Pressekonferenz abhielt. Ein Skandal.

Suche nach Schuldigen

Wer die Anweisung zur Verhüllung der Statuen gegeben hat, ist bisher nicht eindeutig geklärt; eine Untersuchung wurde eingeleitet. Aus Berichten italienischer Medien geht hervor, dass iranische Stellen die Massnahme gewünscht hatten. Auf italienischer Seite verweist das Büro des Ministerpräsidenten auf die Direktion der Museen, dort verweist man zurück zum Regierungspalast. Weil offenbar niemand einen Beschluss fasste, gibt es auch keine offizielle Begründung. «Respekt für die iranische Kultur und für den islamischen Glauben des Gastes» seien massgebend gewesen, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Ministerpräsident Renzi und Kulturminister Franceschini liessen ausrichten, dass sie von der Verhüllung nichts gewusst hätten.

Die italienischen Medien kommentieren den Fall mit Empörung. Rom habe kapituliert, heisst es, man respektiere die andern, aber nicht sich selbst. Man gebe Geschichte und Kultur Italiens preis, man schäme sich der eigenen Sitten und setze die Normen der Iraner voran, man verrate die Freiheit und insbesondere die künstlerische Freiheit. Die Statuen müssten so schnell wie möglich wieder zu ihrer ursprünglichen Nacktheit und Freiheit zurückkehren, fordert ein Kommentator.

Es fehlt nicht der Hinweis darauf, dass Bilderfeindlichkeit nicht ausschliesslich im islamischen Kulturraum vorkommt, sondern auch westliches Moralempfinden immer wieder Mühe mit Abbildungen bekundet, zumal mit der Darstellung nackter Körper. Die drallen Schönheiten Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle erhielten kurz nach ihrer Fertigstellung wehende Unterröcke. Zuvor gab es in Zürich und anderswo den Bildersturm der Reformation, und im 19. Jahrhundert verschwanden in Bern die nackten Engel auf dem grossen Wandbild im Nationalratssaal hinter einem Vorhang aus Schönwetterwölklein.

Umgekehrt steht fest, dass der Koran keinerlei Bilderverbot enthält; nur die Anbetung von Bildern, also Götzendienst, wird verboten. Und obwohl sich Mohammed, der Prophet der Muslime, laut der Überlieferung abfällig über Bilder im Allgemeinen geäussert hat, gab und gibt es im islamischen Kulturraum Bilder von Menschen – und auch des Propheten selbst.

Gastfreundschaft

Die Diskussion darüber, was Kunst ist und was Kunst darf, muss immer wieder geführt werden; in Zeiten der Globalisierung wird sie global geführt. Doch den Entscheid darüber, was in Rom gezeigt und was geschaut werden darf, sollte die italienische Regierung nicht den iranischen Revolutionswächtern überlassen, die seit bald vierzig Jahren mit dem Knüppel ihre Kleidervorschriften durchsetzen.

Der iranische Präsident Rohani hat erklärt, es habe wegen der Statuen keine Kontakte gegeben. Er bedankte sich für den zuvorkommenden – oder eher voreiligen – Gehorsam der Italiener: «Ich kann nur sagen, dass die Italiener sehr gastfreundlich sind. Sie tun alles, damit ihre Gäste sich wohl fühlen.» Die Italiener selbst können sich auch wohl fühlen: Verträge über 17 Milliarden Euro wurden abgeschlossen.

Forrás: http://www.nzz.ch

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